Die Anforderungen an einen Sprachassistenten sind im Controlling aufgrund der Komplexität des Aufgabengebiets besonders hoch. Das mag ein Grund dafür sein, dass sich digitale Assistenten vornehmlich in anderen Unternehmensbereichen wie Vertrieb und Produktion durchsetzen, während sie im Zusammenhang mit BI-Systemen bislang keine nennenswerte Benutzerakzeptanz finden konnten. Die Sprachassistenten der ersten Generation waren der sprachlichen Komplexität, die eine Abfrage an ein BI-System mit sich bringt, noch nicht gewachsen. Mit einer neuen Generation der grammatischen Semantikerkennung könnte sich das nun ändern, doch auch damit ist die Einführung eines digitalen Assistenten im Controlling kein Selbstläufer. Auf folgende Punkte sollten Sie bei Produktauswahl und Einführung dringend achten.

#1  Intelligente Autovervollständigung – das ‚must have‘ Kriterium Nr. 1

Wenn Sie zu Ihrem Assistenten sagen zeig mir die Umsätze im Segment Anlagenbau möchten Sie sicherlich nicht die Summe aus Ist- und Plan-Daten sehen. Sie haben kein Jahr angegeben? Sehr unwahrscheinlich, dass Sie sich für die Summe aller vergangenen Jahre seit Firmengründung im Jahr 1972 interessieren. Eine intelligente Autovervollständigung sollte in der Lage sein, Ihre Spracheingabe sinnvoll zu ergänzen, z.B. mit dem aktuellen Jahr, der Kennzahl Umsatz oder der Datenkategorie Ist, sofern nichts anderes genannt wurde. Intelligente Routinen zur Autovervollständigung gehen jedoch über das schlichte Auffüllen nicht genannter Merkmalsausprägungen hinaus. Es ist ein Wesenszug der menschlichen Sprache, dass wir nicht alles ausprechen, was wir meinen. Beispielsweise ist mit der Zeitangabe 1. bis 15. Mai selbstverständlich der Zeitraum zwischen dem 1. Mai und dem 15. Mai gemeint, auch wenn der Monat nur einmal genannt wurde. Eine künstliche Intelligenz muss unsere Aussagen an vielen Stellen um die nicht ausgesprochenen Parameter ergänzen. Erst eine intelligente Autovervollständigung macht Ihren Assistenten für die intuitive Bedienung praxistauglich.

#2  Ja/Nein-Fragen erkennen

Kleines Feature, großartige Wirkung! Ihr Assistent sollte in jedem Fall in der Lage sein, eine Ja/Nein-Frage zu erkennen. Damit erschließen sich eine ganze Reihe von Einsatzmöglichkeiten. Viele lapidare Informationen verstecken sich hinter einer ermüdenden Suche in verschiedensten Oberflächen. Vor allem die gelegentlichen Anwender, die mit der entsprechenden Software nur vage vertraut sind, müssen sich immer wieder aufs Neue mühsam zurechtfinden. Mit einem digitalen Helfer entfällt dieser Aufwand, vorausgesetzt Ihr Assistent beherrscht die Grammatik der Ja/Nein-Frage:

  • Hat der Kunde einen aktiven Wartungsvertrag?
  • Hat der Kunde ‚Option plus‘ in seinem Wartungsvertrag?
  • Hat der Kunde in den letzten 12 Monaten einen neuen Vertrag bei uns abgeschlossen?
  • Hat der Kunde eine Mahnung erhalten / die Forderung beglichen / etc.?

In Sekunden antwortet der Sprachassistent mit einem kurzen Ja oder Nein und gibt gegebenenfalls auch gleich die Kundennummer, Vertragsnummer sowie Abschluss- und Auslaufdatum mit aus. Ihr Assistent hat immer nur eine Eingabeoberfläche und nur ein Feld für ihre Spracheingabe. Was dahinter passiert, und ob sich der Assistent durch eines oder durch mehrere Systeme durcharbeiten muss, um die Informationen zu beschaffen, kann Ihnen als Anwender jetzt völlig egal sein.

#3  Ein digitaler Assistent ist keine Eingabehilfe

Das Arbeiten mit Sprachbefehlen ist nicht neu, in der Vergangenheit hatte es aber oft den Charakter einer Eingabehilfe. Anstatt ein Dokument mit einem Mausklick zu öffnen konnte der Sprachbefehl öffne Dokument verwendet werden. Doch Vorsicht! Von dem Gedanken, Menübefehle 1:1 durch einen Sprachbefehl zu ersetzen sollten Sie sich schnellstens lösen. Denn zum einen ist das Arbeiten mit Maus und Tastatur im direkten Vergleich mit einem Sprachbefehl schneller und effektiver, zum anderen wird es von vielen Anwendern bevorzugt. Wer möchte schon in einem Großraumbüro sitzen, in dem die Mitarbeiter permament stumpfe Sprachbefehle wie öffne Menü, wähle Speichern und schließe Programm vor sich hinsprechen. Genauso wenig Mehrwert wird erzeugt, wenn ein statischer Prozess anstelle von einem Button über einen Sprachbefehl angesteuert wird. Ein digitaler Assistent spielt seine Vorteile erst dann aus, wenn mit einem einzelnen Befehl ein ganzer Prozess ausgeführt wird, für den der Anwender mit der Maus viele einzelne Schritte erledigen müsste. Besonders effektiv wird es, wenn der Prozess variabel ist und über Ihre genannten Kriterien parametrisiert wird. Das Abfragen von Informationen aus dem BI-System ist somit ein hervorragendes Einsatzgebiet für High-End-Lösungen im Bereich der Semantikerkennung, weil sie dort echten Mehrwert schaffen.

#4  Aufzählungen & exkludierende Filter

Kaum zu glauben! Viele Sprachassistenten scheitern an Sätzen wie zeig mir den Umsatz ohne die Produkte A, B und C, da sie keine Aufzählungen erlauben. Das Auswählen mehrerer Elemente ist eine elementare Grundanforderung im Bereich BI, genauso wie die Möglichkeit, einschließend oder auschließend zu filtern. Zudem sollte bei der Produktauswahl darauf geachtet werden, dass der Sprachassistent auch relative Angaben verstehen kann. Anwender fragen gerne nach dem Umsatz des letzten Quartals, nach dem Gewinn der Vorperiode oder nach dem Umsatz gegenüber VJ. Auch die Frage nach dem Umsatz der letzten 5 Jahre sollte die Semantikerkennung Ihres Sprachassistenten vor keine großen Probleme stellen.

#5  Die Sprachwelt des Unternehmens abbilden

Wenn Sie Ihre Mitarbeiter davon befreien wollen, einzelne Befehle im exakten Wortlaut auswendig lernen zu müssen, dann sollte Ihr Sprachassistent eine gewisse Umgangssprachlichkeit beherrschen. Dazu gehört in erster Linie die Verwendung von Synonymen. Woher sollte ein Anwender wissen, ob er von Onlinehandel, von Internetgeschäft oder von Digitalverkauf sprechen muss? Unternehmen besitzen eigene Sprachwelten, Sprachgewohnheiten sowie branchenspezifischen Eigenheiten, die von Unternehmen zu Unternehmen vollkommen unterschiedlich sein können. Die einen reden vom Einzelhandel, die anderen vom Filialgeschäft. Je besser die individuelle Sprachwelt abgebildet ist, umso höher wird die Benutzerakzeptanz der Lösung sein. Auch umgangssprachliche Formulierungen sollten bis zu einem gewissen Grad erkannt werden, beispielsweise die Frage nach den Umsätzen anstelle von der Umsatz. Prüfen Sie deshalb, ob der Sprachassistent Ihrer Wahl eine unkomplizierte Pflege der Spracheigenheiten bereitstellt, ob er Deklinationen und Konjugationen beherrscht und ob sich Synonyme einfach einpflegen lassen.

#6  Finger weg von Eigenlösungen

Der Mathematiker Harold Hardy sagte über die Primzahlen, dass jeder Anfänger dazu Fragen stellen kann, die die besten Mathematiker der Welt nicht beantworten können. Mit der Semantikerkennung unserer Alltagssprache verhält es sich ähnlich. In ganz trivialen Sätzen können sich sprachwissenschaftliche Komplexitäten verbergen, die erfahrenen KI-Programmierern die Schweißperlen auf die Stirn treiben. Hierzu ein kleines Beispiel: Der Satz vergleiche die Produkte A und B ist auf den ersten Blick trivial. Betrachtet man aber das Logikwort und etwas genauer, dann erkennt man, dass es in diesem Zusammenhang die Bedeutung einer Gegenüberstellung hat, nicht einer Aufzählung, wie man vielleicht vermuten würde. Das kann sich im Fortgang ändern, wenn der Satz in der Weise ergänzt wird vergleiche die Produkte A und B mit den Produkten C und D. Jetzt hat der Logikpartikel und wieder die Bedeutung einer Aufzählung, der Partikel mit kennzeichnet an seiner Stelle die Gegenüberstellung. Die Semantik von Begriffen ist keine absolute Größe, sie ändert sich relativ zur Aussage des gesamten Satzes. Die logischen Beziehungen der Begriffe unserer Sprache können dadurch unglaublich kompliziert werden. Haben Sie vor, einen Werkstudenten einzustellen, der Ihren digitalen Sprachassistenten hier und da ein bisschen intelligenter machen soll? Lassen Sie das! Setzen Sie eine Standardsoftware für Semantikerkennung ein, in der diese Probleme bereits gelöst sind.

#7  Potenziale ausschöpfen mit semantic views

Verfügt Ihr Assistent über eine voll-grammatische Semantikerkennung der neuesten Generation? Dann schöpfen Sie das Potenzial voll aus! Die Alltagssprache kann ein unglaublich effektives Benutzerinterface sein, wenn Sie sie richtig zum Einsatz bringen. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte semantic view. Mit Hilfe moderner Semantikerkennung müssen Standardberichte keine statischen Konstrukte mehr sein, in denen der drill-down und das Setzen der Filtereinstellungen manuell durchgeführt werden müssen. Ein Sprachassistent kann Standardberichte in hochgradig flexible und dynamische views verwandeln, die bereits beim ersten Aufrufen des Berichts exakt diejenigen Informationen anzeigen, die zur Fragestellung passen. Ein semantic view setzt nicht nur alle Filter automatisch, er kann, passend zur Fragestellung, geeignete Zusatzinformationen anzeigen oder unnötige Informationen ausblenden, und er wählt zu allen Daten eine adäquate Visualisierung. Je nach Art der Fragestellung kann ein semantic view vollkommen unterschiedlich aussehen. Aufbau, Inhalt und Form der Darstellung werden bei jedem Aufruf individuell auf Ihre Fragestellung zugeschnitten.